Ombudsmann: Definition & Geschichte
Der Ombudsmann ist eine unparteiische Schiedsperson. Der Begriff leitet sich aus dem Altnordischen für „Vollmacht“ oder „Auftrag“ ab. Bilden mehrere Personen ein Gremium, so bilden sie einen Ombudsrat. Schweden gilt als Vorreiter in Sachen Kontrollgremium und setzte 1809 den ersten Ombudsmann als Vertrauensperson für Bürgerbeschwerden ein. Mittlerweile hat sich das System der Ombudsstelle in ganz Skandinavien etabliert. In Deutschland tritt der Ombudsmann erst seit den 1970er-Jahren in Erscheinung. Die Ombudsstelle fungiert sowohl im öffentlichen Dienst als auch in privaten Unternehmen als zentrale Anlaufstelle im Rahmen eines Compliance Management Systems. Häufig handelt es sich dabei um eine ausgebildete Juristin oder einen Juristen. Der Ombudsmann dient unter anderem als Vermittler zwischen Unternehmen und Hinweisgeber, der Verstöße gegen Compliance-Regeln oder Gesetze vermutet. Und im Zweifel nicht weiß, an wen er sich vertrauensvoll wenden kann, ohne persönlichen Schaden davon zu tragen.
Welche Aufgaben hat die Ombudsstelle?
Eine Ombudsperson dient als Schlichter und Aufklärer. Aber wie sieht das Aufgabengebiet genau aus?
Eine Ombudsstelle
- nimmt vertraulich Informationen mit Verdacht auf Verstöße/Unregelmäßigkeiten auf
- schützt die Identität der Hinweisgeber (anwaltliche Verschwiegenheitspflicht)
- bewertet Streitigkeiten unabhängig
- wägt die Argumente der Beteiligten ab
- ordnet Risiko, Schaden und Kosten ein
- beachtet datenschutzrechtliche Vorgaben (DSGVO, BDSG)
- berichtet an den Compliance-Beauftragten des Unternehmens
Der externe Ombudsmann: Vorteile & Anforderungen
Für Unternehmen liefert ein externer Ombudsmann viele Vorteile: Unabhängig und mit der natürlichen Distanz berät er gemäß den betrieblichen Compliance-Richtlinien beide Seiten des Streitfalls. Und der Hinweisgeber kann sich sicher sein, dass seine Informationen die Firma erreichen, seine Anonymität aber gewahrt bleibt.
Profil externer Ombudsmann
- unparteiisch, integer, diskret
- Berufsgeheimnisträger (z.B. Rechtsanwalt)
- Experte in Arbeitsrecht und Wirtschaftsstrafrecht
- Grundkenntnisse Datenschutz und BWL
- Hohe soziale und psychologische Kompetenz
- Erfahrungen im Umgang mit Polizei, Zoll und Staatsanwaltschaft
- Flexibel in Erreichbarkeit (auch außerhalb der Arbeitszeit)
Beschwerden beim Ombudsmann einreichen
Dem Hinweisgeber muss es so einfach wie möglich gemacht werden, seine Hemmungen über Bord zu werfen. Dabei stellen sich ihm diese drei Fragen:
1.) Direkte Kontaktaufnahme per Telefon, Post, E-Mail?
Schnell und unkompliziert sollte der erste Kontakt zur Ombudsperson sein − am besten persönlich oder telefonisch. Whistleblowing per E-Mail hinterlässt Zweifel, was mit den sensiblen Daten wirklich passiert. Und auch vom guten, alten Kummerkasten ist abzuraten. Schließlich kann der Absender beim Einwurf gesehen werden.
2.) Wie kann die Anonymität gewahrt bleiben?
Der Ombudsmann ist zur Verschwiegenheit verpflichtet. Handelt es sich um einen Rechtsanwalt, so kommt noch die anwaltliche Schweigepflicht hinzu. Whistleblowing beim Ombudsmann bietet damit ein hohes Maß an Sicherheit.
3.) Was kostet mich der Ombudsmann?
In der Regel ist die Inanspruchnahme einer beauftragten Vertrauensperson für den Arbeitnehmer mit keinen Kosten verbunden. Das Unternehmen setzt bestenfalls den externen Ombudsmann als Teil seines Compliance-Management-Systems ein.
Das Digitale Meldesystem: Alternative zur Ombudsstelle?
„Der größte Lump im ganzen Land, das ist und bleibt der Denunziant“, wusste schon der Dichter Hoffman von Fallersleben. Whistleblower gelten nicht immer als Helden, sondern erfahren Mobbing, Erpressung, werden bei Beförderungen übersehen oder sogar entlassen. Seitdem aber große Unternehmen wie die Deutsche Bahn oder Volkswagen ihr System der Ombudsstellen ausweiten, wird der Begriff Whistleblowing immer mehr positiv besetzt und nicht zuletzt durch die Whistleblower-Richtlinie der EU öffentlich positiver wahrgenommen.
Ombudsstelle vs. digitales Hinweisgebersystem
Laut EU-Whistleblowing-Richtlinie müssen Unternehmen ab 17. Dezember 2021 unter anderem ein Hinweisgebersystem installieren, über das Beschäftigte Missstände melden können. Diese Pflicht trifft zunächst Unternehmen mit mehr als 250 Mitarbeitern, zwei Jahre später auch Betriebe mit 50-249 Mitarbeitern. Um die Richtlinie zu erfüllen, eignet sich auch eine Ombudsstelle oder eine Ombudsperson, die entsprechende Hinweise entgegennehmen kann. Allerdings zeigen Studien, dass der Großteil der Hinweisgeber Anonymität bevorzugt. Eine Ombudsstelle kann diese nur teilweise wahren.
Anders sieht es bei einem digitalen Meldekanal aus: Dabei handelt es sich um eine Software, über die Hinweisgeber eine Meldung abgeben können – etwa auf einer Internetseite. Das Meldesystem lässt sich somit gut in eine bestehende Compliance Management Plattform integrieren, ist zu jeder Uhrzeit und von jedem Ort aus erreichbar und liefert eine zentrale Anlaufstelle für Hinweisgeber. Weitere Vorteile: Ein digitales Hinweisgebersystem ermöglicht die vertrauliche Fallbearbeitung, stellt die Verschlüsselung der Daten sicher, gewährleistet effiziente Verwaltung und Dokumentation und erlaubt eine einfache Auswertung der Meldungen (zum Beispiel für Statistiken oder eine Risikobewertung).
Digitale Hinweisgebersysteme lassen sich leicht je nach Unternehmensgröße skalieren und an verschiedene Sprachen anpassen und eignen sich daher gleichermaßen für kleine und mittelständische Unternehmen wie Großkonzerne. Bei Bedarf lassen sie sich auch gut mit Ombudspersonen oder Telefon-Hotlines kombinieren.
Whistleblowing-Gesetze in der Europäischen Union
Ein Blick auf die Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie in den EU-Mitgliedsstaaten