In diesem Blogartikel finden Sie alles Wissenswerte über die österreichische Umsetzung der EU-Hinweisgeberrichtlinie („Richtlinie (EU) 2019/1937 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“) zusammen gefasst. Erfahren Sie hier, was das neue Gesetz für betroffene Unternehmen und potentielle Whistleblower in Österreich bedeutet.
Mit unserer kostenfreien Checkliste zum HinweisgeberInnenschutzgesetz (HschG) können Sie zudem alle Anforderungen des neuen Gesetzes Schritt für Schritt durchgehen und abhaken.
Was ist das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) und wie ist der aktuelle Stand?
Das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG), auch „Bundesgesetz über das Verfahren und den Schutz bei Hinweisen auf Rechtsverletzungen in bestimmten Rechtsbereichen“, ist die nationale Umsetzung der EU-Direktive 2019/1937. Die EU wollte mit dieser Richtlinie erstmalig einheitliche Mindeststandards für den Schutz von Hinweisgebenden innerhalb ihrer Mitgliedsstaaten gewährleisten.
Die Inhalte des nationalen Gesetzes müssen mindestens den Anforderungen der Richtlinie entsprechen. Dem Gesetzgeber steht es offen, auf nationaler Ebene strengere Regelungen als in der EU-Richtlinie zu veranlassen und die Anwendungsbereiche bis in das nationale Gesetz auszuweiten. Das österreichische Bundesgesetz sieht vor, dass der Schutz auf Meldungen über Verstöße gegen nationales Recht lediglich in Bezug auf den Straftatbestand der Korruption ausgeweitet wird.
Die EU-Mitgliedsstaaten hatten bis zum 17. Dezember 2021 Zeit, die Richtlinie in nationale Gesetze umzusetzen. Österreich war, wie auch einige andere EU-Mitgliedsländer, mit der Umsetzung in Verzug, weswegen die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet hatte.
Dezember 2023: Auch die Unternehmen ab 50 Beschäftigten fallen seit 17. Dezember unter das HSchG.
August 2023: Das Gesetz gilt seit dem 25. August 2023 für Unternehmen ab 250 Mitarbeitenden.
Februar 2023: Am 25. Februar 2023 ist das Gesetz in Kraft getreten. Am 16. Februar hat der Bundesrat das Gesetz verabschiedet. Zuvor hatte der Nationalrat mehrheitlich für das Gesetz gestimmt.
Jänner 2023: Der Entwurf passiert am 25. Jänner den Ausschuss für Arbeit und Soziales.
Dezember 2022: Ein überarbeiteter Entwurf wird mittels Initiativantrag am 16. Dezember 2022 in das Parlament eingebracht.
Sommer 2022: Der Entwurf wird begutachtet.
Juni 2022: Der Begutachtungsentwurf für das (Bundes)-Umsetzungsgesetz liegt vor.
Wer und was fällt unter den Schutz des Gesetzes?
Das HinweisgeberInnenschutzgesetz schützt natürliche Personen, die aufgrund beruflicher Verbindung zu einem Rechtsträger Informationen über bestimmte Rechtsverletzungen (= Verstöße gegen Unionsrecht und das Korruptionsstrafrecht) erlangt haben und diese melden.
Darunter fallen Arbeitnehmende, Teilzeitbeschäftigte, befristet Beschäftigte, Freiberufler, Zulieferer, Dienstleister, Geschäftspartner und Beschäftigte im öffentlichen Dienst. Dies umfasst auch ehemalige und künftige Arbeitnehmer. Geschützt sind nicht nur Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sondern beispielsweise auch Personen aus deren Umkreis. Geschützt sind nicht nur Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sondern beispielsweise auch Personen aus deren Umkreis, wie Angehörige und Kollegen und Kolleginnen.
Das Gesetz untersagt die zivil-, straf- oder verwaltungsrechtliche Haftung von Hinweisgebenden und verbietet arbeitsrechtliche Folgen und Repressalien wie Suspendierung, Kündigung, Herabstufung/Versagung von Beförderung, Änderung des Arbeitsorts/Arbeitszeit/Tätigkeitsbereich, Disziplinarmaßnahmen, Nötigung, Einschüchterung, Mobbing, Rufschädigung, Erfassen auf „schwarzer Liste“, psychiatrische Überweisung, usw. der Whistleblower.
Nicht geschützt sind Hinweisgeber bei der wissentlichen Abgabe von Falschmeldungen.
Wie in der EU-Richtlinie festgelegt, gilt zudem die Beweislastumkehr: Die Unternehmen müssen nachweisen, dass gegen Hinweisgeber gesetzte Maßnahmen nicht mit einer abgegebenen Meldung in Verbindung stehen.
Wer ist von der Umsetzung betroffen und welche Umsetzungsfristen sind vorgesehen?
Das Gesetz verpflichtet juristische Personen des privaten und öffentlichen Sektors ab 50 Mitarbeitenden zur Einrichtung von (unternehmens-) internen Meldekanälen für Hinweisgeber und zur Reaktion auf eingehende Meldungen.
Das Bundesgesetz sieht die folgenden Umsetzungsfristen vor:
– Unternehmen und öffentliche Einrichtungen ab 250 Mitarbeitenden: Müssen seit dem 25. August 2023 das Gesetz erfüllen.
– Unternehmen und öffentliche Einrichtungen mit 50-249 Mitarbeitenden: Müssen seit dem 17. Dezember 2023 das Gesetz erfüllen.
In welchen Anwendungsbereich fällt das Gesetz?
Das Gesetz weitet den sachlichen Anwendungsbereich um die strafrechtlichen Korruptionstatbestände in §§ 302 bis 309 StGB aus und ist somit nicht allein auf das Unionsrecht wie in der Richtlinie beschränkt.
Nicht erfasste Bereich sind z. B. Verstöße gegen ausschließlich innerstaatliche gewerberechtliche Vorschriften und das nationale Strafrecht (mit Ausnahme Korruptionsstrafrecht). In manchen Landesgesetzen kann es jedoch zu erweiterten Anwendungsbereichen kommen.
Das Bundesgesetz deckt Meldungen von Verstößen gegen folgende Unionsrechtakte ab:
- Öffentliches Auftragswesen
- Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung
- Produktsicherheit und -konformität
- Verkehrssicherheit
- Umweltschutz
- Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit
- Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz öffentliche Gesundheit
- Verbraucherschutz
- Schutz der Privatsphäre und personenbezogener Daten sowie Sicherheit von Netz- und Informationssystemen
- Verhinderung und Ahndung von Straftaten nach den §§ 302 bis 309 des Strafgesetzbuches (StGB), BGBl. Nr. 60/1974.
- Teilweise komplexe Abgrenzungsfragen (z. B. im Vergaberecht)
Welche Arten von Meldestellen gibt es für Whistleblower in Österreich?
Der österreichische Gesetzgeber bietet die Möglichkeit, sowohl an eine interne (innerhalb der Unternehmen oder Behörden) als auch an externe Stellen zu melden.
Haben interne Meldekanäle Vorrang?
Das HinweisgeberInnenschutzgesetz verpflichtet Unternehmen und Behörden, die interne Hinweisgebung so zu gestalten, dass Whistleblower vorzugsweise auf die interne Stelle zurückgreifen.
Welche Maßnahmen müssen die betroffenen Unternehmen und Behörden in Österreich für interne Stellen umsetzen?
- Unternehmen und Organisationen müssen ein internes und sicheres Meldesystem für Hinweisgeber einrichten, welches DSGVO-konform ist. Dies kann in Form einer digitalen Whistleblower-Software, einer Telefon-Hotline oder eines Anrufbeantwortersystems geschehen.
- Die Meldungen müssen in schriftlicher oder mündlicher Form abgegeben werden können.
- Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber sind berechtigt, gegebene Hinweise nach Entgegennahme durch die interne Stelle nachträglich noch zu ergänzen oder zu berichtigen.
- Alle eingehenden Meldungen und deren Bearbeitung müssen dokumentiert werden.
- Nach spätestens 7 Tagen muss eine Bestätigung über den Eingang der Meldung an den Hinweisgeber erfolgen.
- Hinweisgeber haben innerhalb von 14 Tagen das Recht auf Zusammenkunft zur Besprechung des Hinweises
- Spätestens 3 Monate nach Entgegennahme eines Hinweises muss der Whistleblower umfassend über die Art der Folgemaßnahmen wie z. B. interne Nachforschungen oder Untersuchungen informiert werden oder im Fall, dass die Hinweise nicht weiterverfolgt werden, aus welchen Gründen dies nicht geschieht.
- Unternehmen und Organisationen müssen leicht zugänglich und verständlich über den internen und externen Meldekanal, das Meldesystem sowie die Meldeprozesse informieren.
Welche Behörden können als externe Meldestellen Hinweise entgegennehmen?
Als externe Stelle für den privaten und öffentlichen Sektor wird das Bundesamt für Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) Meldungen entgegen nehmen.
Die BAK muss jährlich einen Bericht über die eingegangen Hinweise, die Anzahl der Gerichtsverfahren, den verhinderten Schaden etc. öffentlich machen.
Zu den weiteren externen Stellen zählen insbesondere:
– die Finanzmarktaufsichtsbehörde aufgrund des Finanzmarkt-Geldwäschegesetzes und des Börsegesetzes 2018
– die Geldwäschemeldestelle aufgrund des Bundeskriminalamt-Gesetzes, BGBl. I Nr. 22/2002
– die Abschlussprüferaufsichtsbehörde aufgrund des Abschlussprüfer-Aufsichtsgesetzes
– das bei der Bundeswettbewerbsbehörde aufgrund des Wettbewerbsgesetzes, BGBl. I
Nr. 62/2002, eingerichtete internetbasierte Hinweisgebersystem
– das bei der Bilanzbuchhaltungsbehörde aufgrund des Bilanzbuchhaltungsgesetzes 2014
eingerichtete internetbasierte Hinweisgebersystem
– das bei der Kammer der Steuerberater und Wirtschaftsprüfer aufgrund des
Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes 2017 eingerichtete internetbasierte Hinweisgebersystem.
Sind anonyme Meldungen zulässig?
Ja, Hinweisgebende können anonyme Meldungen gegen einen Missstand abgeben und fallen unter den Schutz des Gesetzes.
Zentrale Meldestelle für Öffentliche Stellen
Die Bundesdisziplinarbehörde ist die gemeinsame, mit den Aufgaben der internen Stelle beauftragte Stelle, für alle Verwaltungsstellen des Bundes (Dienststellen und Zentralstellen einschließlich nachgeordneter Dienststellen im Sinne des § 278 des Beamten-Dienstrechtsgesetzes 1979) mit Ausnahme des Bundesministeriums für Landesverteidigung und des Bundesministeriums für Justiz sowie der diesen nachgeordneten Dienststellen.
Strafen
Wer gegen das Bundesgesetz verstößt, z. B. wer eine Meldung behindert, die Vertraulichkeit verletzt oder verbotene Repressalien verhängt, begeht eine Verwaltungsübertretung und wird von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe von bis zu 40.000 Euro bestraft.
Die Abgabe wissentlicher Falschmeldungen wird ebenfalls mit einer Geldbuße von bis zu 40.000 Euro geahndet.
Unsere Einschätzung zum österreichischen Whistleblowinggesetz
Von der Einrichtung eines internen Meldekanals sind ca. 6 000-8 000 österreichische Unternehmen betroffen. Die zahlreichen Skandale in der jüngsten Vergangenheit, die durch Whistleblowing aufgedeckt wurden, belegen aber auch, dass Informationen von Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber von enormem Wert für die Gesellschaft sind und daher besonders geschützt werden müssen.
Das österreichische Gesetz beschränkt sich nicht nur auf Unionsrecht, sondern weitet den Geltungsbereich auf wenigstens einen nationalen Sachverhalt, das Korruptionsstrafrecht, aus. Dass sich das Bundesgesetz jedoch vor allem auf Korruptionsdelikte beschränkt, ist generell eher kritisch zu betrachten. Hier wäre es von unserer Seite wünschenswert, wenn das Gesetz sämtliche Straftatbestände des StGB erfassen würde.
Ein positiver Aspekt des Gesetzes ist, dass auch anonyme Meldungen von Hinweisgebern geschützt sind. Doch auch hier hätte der Gesetzgeber einen Schritt weiter gehen können und die Meldestellen dazu verpflichten, anonymen Hinweisen nachgehen zu müssen.
Unser österreichisches Team unterstützt Sie gerne bei der Umsetzung des neuen Gesetzes. Vereinbaren Sie gleich einen unverbindlichen Beratungstermin.
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