Was Personaler über Whistleblowing und Hinweisgeberschutz wissen sollten

Die HR-Abteilung spielt für glaubwürdige Compliance und im Ernstfall bei der Untersuchung von Meldungen eine wichtige Rolle.

Moritz Homann
Auf einen Blick

Wenn Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter Fehlverhalten im eigenen Unternehmen ansprechen, fürchten sich viele dabei vor Repressalien. Das ist zwar – auch durch das Hinweisgeberschutzgesetz – verboten, doch die Personalabteilung spielt eine zentrale Rolle dabei, diese Ängste bereits im Vorfeld zu nehmen. Generell kann Human Resources einiges dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden den Compliance -Prozessen im Unternehmen vertrauen und Missstände im Ernstfall offen ansprechen.

HR und Hinweisgeberschutz

Eine Grundlage legen

Personalabteilungen übernehmen eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, eine vertrauensvolle und angenehme Unternehmenskultur zu etablieren. Sie sollten natürlich mit dem Code of Conduct  gut vertraut sein und die Werte des Unternehmens vertreten bzw. auch selbst vorleben. 

Nur wenn alle Bereiche des Unternehmens – von der Führungsriege  über das mittlere Management bis in alle Abteilungen – Compliance aktiv vorleben und mittragen, wird eine Compliance-Strategie auch glaubwürdig und es kann sich eine Speak-Up-Kultur etablieren, in der sich Angestellte ethisch und rechtlich korrekt verhalten und sich auch trauen, auf Missstände hinzuweisen. Die Personalabteilung kann das Wissen und die Voraussetzungen dafür mittels regelmäßiger Schulungen in die einzelnen Abteilungen tragen. Wenn Ethik, Transparenz und verantwortungsbewusstes Handeln als Unternehmenskultur etabliert und gefestigt werden, kann die Personalabteilung Mitarbeitende verstärkt dazu ermutigen, von internen Meldekanälen Gebrauch zu machen. 

Human Resources sollte neue Angestellte daher beim Onboarding direkt über den Code of Conduct unterrichten und darauf hinweisen, dass das Unternehmen eine interne Meldestelle  eingerichtet hat. Die Personalabteilung sollte sicher gehen, dass das Hinweisgebersystem  für alle Mitarbeitenden problemlos erreichbar ist, etwa durch eine Verlinkung im Intranet. 

 

Zusammenarbeit mit der Compliance-Abteilung

Weil die Compliance-Abteilung  unter anderem Regeln für das Verhalten der Mitarbeitenden aufstellt, haben nicht nur die Betriebsräte  als Interessensvertreter der Belegschaft ein Wort mitzureden; sie betreffen auch direkt die Verantwortungsbereiche der Personalabteilung. Es ist absolut ratsam, dass Human Resources  eng mit der Compliance- und der Rechtsabteilung zusammenarbeitet, um gemeinsam die Compliance-Richtlinien und den Code of Conduct zu entwickeln. 

Kommt es zu Verstößen, liegen die disziplinarischen Folgen bei der Personalabteilung und sollten in Abstimmung mit der Rechtsabteilung erfolgen. Nicht zuletzt unterstützt das Human Resources-Management idealerweise durch Schulungen den Aufbau und Erhalt der Compliance-Kultur und unterrichtet Mitarbeitende über ihre Rechte.


Blick in die eigenen Reihen

Bei aller Konzentration auf die Mitarbeitenden dürfen Personalabteilungen den Blick nach innen nicht vergessen: Verhalten sich auch die eigenen Team-Mitglieder dem Code of Conduct und der geltenden Regelungen entsprechend? Human Resources sollte sicher gehen, dass auch die Prozesse in der eigenen Abteilung transparent gestaltet sind und prüfen bzw. ein Konzept entwickeln, wie auf Fehlverhalten oder Meldungen auf Missstände aus den Reihen der Personalabteilung reagiert und umgegangen wird und welche Konsequenzen dies zur Folge hat. Gerade weil Personalabteilungen bei einem Compliance-Fall im Unternehmen wichtige AnsprechpartnerInnen sind, müssen sie selbst auch höchsten Compliance-Ansprüchen genügen.

Das Hinweisgeberschutzgesetz

Mit dem im Juli 2023 in Kraft getretenen Hinweisgeberschutzgesetz (HinSchG), das die EU-Whistleblowing-Richtlinie  in deutsches Recht überführt hat, schreibt der Gesetzgeber Organisationen ab 50 Mitarbeitenden die Einrichtung eines sicheren Hinweisgebersystems vor. 

Das Gesetz ermöglicht zwei Meldekanäle: Neben der Pflicht zur Einrichtung eines internen Meldekanals gibt es auch eine externe Meldestelle, die beim Bundesamt für Justiz (BfJ) angesiedelt ist.

Wenn der Ernstfall eintritt

Geht eine Meldung ein, muss das Unternehmen zügig reagieren: Das Gesetz gibt vor, dass innerhalb von sieben Tagen nach Eingang der Meldung eine Eingangsbestätigung an die Hinweisgeberin oder den Hinweisgeber ergehen muss und eine Rückmeldung über das Ergebnis und die Konsequenzen der Untersuchung innerhalb von drei Monaten erfolgen sollte. 

Wird die Meldung nicht von einem externen Experten untersucht, sondern intern betrachtet, können Personaler zum Compliance-Team hinzugezogen werden. Zuweilen kann Human Resources die Stichhaltigkeit oder Konsequenzen eines Vorwurfs sogar am besten beurteilen, etwa wenn sie sich direkt auf das Fehlverhalten einer Person beziehen. 

Innerhalb eines Compliance-Verfahrens kann das Human Resources-Team über den Nachrichtenkanal der Hinweisgeberplattform mit der Hinweisgeberin oder dem Hinweisgeber auch ethische Fragen besprechen und Ängste vor Repressalien ausräumen, denn für Hinweisgebende ist der Prozess des Whistleblowings stressig und mitunter emotional. Hier kann es auch zu den Aufgaben der Personaler gehören, dass sich Mitarbeitende arbeitsrechtlich sicher fühlen.

 

Arbeitsrecht und Whistleblowing

Die EU-Direktive und das Hinweisgeberschutzgesetz schreiben vor, dass Mitarbeitende nach der Meldung auf Missstände keine Repressalien am Arbeitsplatz erfahren dürfen. Dazu zählen Mobbing und Diskriminierung, das Verweigern einer Beförderung, Strafversetzungen und natürlich Kündigungen. 

Handelt es sich nicht um eine anonyme Meldung und der Name des Whistleblowers oder der Whistleblowerin ist intern bekannt, ist es nicht nur Aufgabe des Betriebsrats, sich für die oder den Angestellten einzusetzen. Auch der Personalabteilung sollte daran gelegen sein, Mitarbeitende vor Repressalien zu schützen, um das Vertrauen der Mitarbeiter ins Unternehmen und in eine ernst gemeinte Compliance zu erhalten.

Kommt es nach einer internen Meldung doch zu einer arbeitsrechtlichen Maßnahme gegen eine Angestellte oder einen Angestellten, müssen Unternehmen im Zweifelsfall nachweisen können, dass sie nicht mit dem Whistleblowing der Person zusammenhängen. Um sich abzusichern, sollten Personalabteilungen im Sinne einer Beweislastumkehr die Gründe und Schritte von arbeitsrechtlichen Maßnahmen ausreichend dokumentieren, um das Verhalten des Unternehmens bei einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung erklären zu können.

Und im äußerst seltenen Fall, dass Hinweisgebende eine vorsätzlich falsche Meldung machen, übernimmt die Personalabteilung die disziplinarischen Maßnahmen wie Abmahnungen oder sogar Kündigung – auch ein strafrechtliches Verfahren gegen den Mitarbeitenden oder die Mitarbeitende ist dann nicht ausgeschlossen.

 

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Moritz Homann
Managing Director Corporate Compliance – EQS Group AG
Moritz Homann verantwortet beim Münchner Technologieanbieter EQS Group den Produktbereich Corporate Compliance. In dieser Funktion betreut er die strategische Entwicklung digitaler Workflow-​Lösungen, die auf die Bedürfnisse von Compliance-​Beauftragten auf der ganzen Welt zugeschnitten sind.
Hinweisgebern haftet häufig ein negatives Image an – doch Whistleblower sind keine Denunzianten oder Verräter. Unternehmen können sogar von ihnen profitieren.
Der Aufsichtsrat ist für die Kontrolle und Beratung des Vorstands zuständig und muss sich im Zuge neuer Gesetze auch mit Hinweisgeberschutz und Hinweisgebersystemen auseinandersetzen. Wir zeigen auf, welche Rolle der Aufsichtsrat bei diesen Themen einnehmen kann.