Was sollte die ideale Whistleblowing Policy beinhalten?

Wie Sie eine Whistleblowing-Policy erstellen, die Vertrauen aufbaut und eine Kultur der Integrität fördert.

Moritz Homann
Auf einen Blick

Unternehmen können von Whistleblowern enorm profitieren. Doch indem Mitarbeitende potenzielles Fehlverhalten oder Missstände am Arbeitsplatz melden, riskieren sie oft ihre Karriere und ihren Lebensunterhalt. Das beweisen weltweite Beispiele aus der Praxis. Um Hinweisgeber besser vor Repressalien zu schützen, hat die EU-Kommission die Whistleblower-Richtlinie verabschiedet. In Deutschland wird diese durch das Hinweisgeberschutzgesetz umgesetzt, das seit dem 2. Juli 2023 in Kraft ist. Demnach sind Unternehmen ab einer Größe von 50 Beschäftigten verpflichtet, ein Hinweisgebersystem einzuführen. Ein wichtiges Begleitdokument ist die Whistleblowing Policy.

Whistleblowing policy

Was ist eine Whistleblowing Policy?

Eine Whistleblowing Policy ist eine interne Richtlinie, mit der ein Unternehmen definiert, wie es den Schutz von Hinweisgebern regelt. Sie soll die Mitarbeitenden dazu ermutigen, potenzielle Compliance-Verstöße aufzudecken. Typischerweise enthält eine Whistleblowing-Policy Informationen darüber, an wen sich Mitarbeitende wenden können, um Fehlverhalten zu melden. Das Dokument klärt auf, wie das Verfahren abläuft, wie die Organisation auf solche Meldungen reagiert und welche Schutzmaßnahmen für die Hinweisgeber vorgesehen sind. 

Warum brauchen Sie eine Whistleblowing Policy?

Laut dem Hinweisgeberschutzgesetz müssen Unternehmen und Organisationen mit mindestens 50 Beschäftigten einen internen Meldekanal für Whistleblower einrichten. Auch der öffentliche Sektor sowie Städte und Kommunen mit mehr als 10.000 Einwohnern fallen unter das Gesetz. Die Notwendigkeit, eine Whistleblowing Policy zu veröffentlichen, ergibt sich aus §7, Absatz 3. Dort heißt es: Beschäftigungsgeber sollen Anreize schaffen, dass sich hinweisgebende Personen an die interne Meldestelle wenden. Dafür sollen sie den Mitarbeitenden klare und leicht zugängliche Informationen über die Nutzung des internen Meldeverfahrens bereitstellen. Genau das macht eine Whistleblowing Policy. 

Was ist der Zweck Ihrer Whistleblower Policy?

Unabhängig von rechtlichen Anforderungen bekennt sich ein Unternehmen mit einer Whistleblowing Policy aktiv zu einer Speak-up-Kultur und zum Hinweisgeberschutz. Das Unternehmen zeigt damit, dass es Compliance ernst nimmt und Interesse daran hat, Verstöße aufzudecken. Eine Whistleblowing Policy trägt somit auch zu einem positiven Arbeitgeber-Image bei. Indem Sie Hinweisgeber ermutigen, können Sie Missstände frühzeitig erkennen und gegensteuern, bevor größerer Schaden entsteht. Sie können finanzielle Risiken mindern und sich vor Rechtsstreitigkeiten schützen. 

Eine effektive Whistleblowing Policy schafft Vertrauen, indem sie…

Was gehört in eine Whistleblower Policy?

Eine Whistleblowing-Policy sollte vor allem die folgende Frage beantworten:

1. Wer ist ein Whistleblower und wer ist geschützt?

Jede Whistleblowing Policy muss erklären, was mit dem Begriff „Whistleblower“ gemeint ist. In der Regel handelt es sich um jemanden, der einen Verdacht auf Fehlverhalten äußert, von dem er glaubt, dass es im Interesse der Öffentlichkeit liegt. Whistleblower nach dem Hinweisgebeschutzgesetz können sowohl Arbeitnehmende, Beamte, Gesellschafter, Selbstständige, Freiwillige oder Mitarbeitende von Lieferanten sein. Der Schutz gilt auch für Personen, deren Arbeitsverhältnis sich noch im vorvertraglichen Stadium befindet oder bereits beendet ist. 

2. Was sind gültige Whistleblower-Anliegen? 

Ihre Whistleblowing Policy sollte keinen Zweifel daran lassen, welche Arten von Missständen und Compliance-Verstößen Hinweisgeber melden können. Im Allgemeinen sind Whistleblower gesetzlich geschützt, wenn sie im öffentlichen Interesse handeln und Informationen über korrupte, betrügerische, gefährliche oder illegale Aktivitäten offenlegen. 

Zu den typischerweise abgedeckten Bereichen gehören: 

3. Was ist kein Whistleblowing? 

Berichte über persönliche Missstände, wie Belästigung oder Mobbing, fallen in der Regel nicht automatisch unter die Gesetzgebung zum Schutz von Hinweisgebern. Dies sollten Sie in Ihrer Whistleblowing Policy klar formulieren. Es empfiehlt sich, für solche Angelegenheiten formelle Beschwerdeverfahren einzurichten, die von Ihren Whistleblowing-Prozessen getrennt bleiben. 

 

 

4. Welche internen Meldekanäle gibt es? 

Ihre Whistleblowing-Policy sollte klar kommunizieren, auf welchen Wegen Hinweisgeber Missstände melden können. Das Hinweisgeberschutzgesetz schreibt die Einrichtung von mindestens einer sicheren internen Meldestelle vor. Die Abgabe muss schriftlich, mündlich und auf Wunsch auch persönlich möglich sein. Empfehlenswert ist ein digitales Hinweisgebersystem, das schnell und einfach über das Intranet erreichbar ist. Mitarbeitende können rund um die Uhr darauf zugreifen und anonym Hinweise abgeben.  

Der Whistleblowing-Report 2021 zeigt, dass die Mehrheit der Hinweisgeber (73,2 Prozent) anonyme Meldekanäle bevorzugt, sofern diese Option besteht. Laut der Whistleblowing-Umfrage 2023 bieten 85 Prozent der Unternehmen bereits einen anonymen Meldekanal an. Eine gesetzliche Pflicht besteht dazu nicht. Unternehmen müssen die Identität des Hinweisgebers aber vertraulich behandeln und dürfen diese nicht ohne seine Zustimmung preisgeben. 

 

5. Welche externen Meldemöglichkeiten hat der Hinweisgeber? 

Das Hinweisgeberschutzgesetz ermutigt aktiv dazu, Fehlverhalten zuerst intern zu melden. Wenn Ihre internen Meldemechanismen jedoch nicht zu einer schnellen und angemessenen Lösung eines Falles führen, darf sich die Person auch mit ihren Bedenken an die zuständigen Behörden oder in letzter Instanz an die Medien wenden. Auch dann ist sie noch gesetzlich vor Repressalien geschützt. Die Whistleblower Policy sollte potenzielle Hinweisgeber über die verschiedenen Meldewege aufklären. 

 

 

6. Wie läuft das Whistleblowing-Verfahren ab? 

Unbedingt enthalten muss die Whistleblowing Policy eine Verfahrensbeschreibung. Wer nimmt die Meldungen entgegen und was passiert mit den eingehenden Hinweisen? Welche Maßnahmen erfolgen? Nach dem Hinweisgeberschutzgesetz muss die Meldestelle den Eingang eines Hinweises innerhalb von sieben Tagen bestätigen und dem Whistleblower innerhalb von drei Monaten mitteilen, welche Folgemaßnahmen das Unternehmen ergriffen hat. 

Was sollten Sie tun, wenn es rechtliche Einschränkungen gibt, die Sie daran hindern, das genaue Ergebnis einer Untersuchung offenzulegen? Selbst in solchen Fällen ist es entscheidend, dem Hinweisgeber zumindest ein Minimum an Feedback zu geben. Ihre Whistleblowing Policy sollte darlegen, was Sie kommunizieren können und was nicht. 

Eine Möglichkeit besteht darin, in regelmäßigen Abständen anonymisierte Berichte zu veröffentlichen, um die Mitarbeiter und die Öffentlichkeit über alle Whistleblowing-Vorfälle in Ihrer Organisation und deren Ergebnisse zu informieren. Ihre Richtlinie sollte angeben, wo solche Berichte abgelegt werden. 

 

 

7. Wie wird der Hinweisgeber geschützt? 

Ihre Whistleblowing Policy muss klarstellen, dass Mitarbeitende keine negativen Konsequenzen zu befürchten haben, wenn sie Missstände melden. Repressalien gegen Whistleblower sind laut Hinweisgeberschutzgesetz explizit verboten. Das gilt bereits für die Androhung oder den Versuch, Druck auszuüben. Einen wichtigen Beitrag zum Schutz von Whistleblowern leistet ein digitales Hinweisgebersystem, das eine vollständig anonyme Meldung ermöglicht. Wenn Hinweisgeber ihre Identität nicht preisgeben müssen, brauchen sie auch keine Vergeltungsmaßnahmen zu befürchten. 

 

Whistleblowing Policy und Betriebsvereinbarung

Sofern es in Ihrem Unternehmen einen Betriebsrat gibt, sollten Sie diesen bei der Ausgestaltung der Whistleblowing Policy einbeziehen. Parallel dazu empfiehlt es sich, eine Betriebsvereinbarung zum Hinweisgeberschutz abzuschließen. Inhaltlich ähnelt dieses Dokument der Whistleblowing Policy. Arbeitgeber und Arbeitnehmervertretung legen darin gemeinsam die Regelungen zum Whistleblowing fest. Sie vereinbaren zum Beispiel, wie das Unternehmen mit Meldungen umgeht, wie interne Ermittlungen ablaufen und welche Sanktionen bei Compliance-Verstößen drohen.  

Der Schlüssel zum Erfolg: Kommunikation

Eine Whistleblowing Policy kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Mitarbeiter sie kennen, verstehen und das Gefühl haben, dass sie ihr vertrauen können. Kommunikation ist daher das A und O. Machen Sie Whistleblowing zum Bestandteil von HR-Maßnahmen, führen Sie Informationsveranstaltungen durch und berichten Sie regelmäßig über das Thema in Ihren internen Medien. Geeignete Kanäle sind zum Beispiel Newsletter, die Mitarbeiterzeitschrift, Videos oder Ihr Chat-System. 

Leitfaden zur Einführung von Hinweisgebersystemen

Wie Sie erfolgreich ein Hinweisgebersystem in Ihrer Organisation einführen.

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Moritz Homann
Managing Director Corporate Compliance | EQS Group
Moritz Homann verantwortet beim Münchner Technologieanbieter EQS Group den Produktbereich Corporate Compliance. In dieser Funktion betreut er die strategische Entwicklung digitaler Workflow-​Lösungen, die auf die Bedürfnisse von Compliance-​Beauftragten auf der ganzen Welt zugeschnitten sind.